Freitag, 28. Oktober 2011

Vansee nicht Wannsee

Was machen wir eigentlich in Dogubeyazit, soweit im Norden der Türkei?

Es gibt mehrere Gründe für unsere Routenführung. Am liebsten hätten wir die Grenze zum Iran ganz im Süden bei Serou passiert. Dort ist am wenigsten Verkehr und die schnellste und unkomplizierteste Möglichkeit in den Iran einzureisen. Diese Strecke hätte uns jedoch durch Kurdistan geführt. Als letzte Woche 24 Türkische Soldaten bei einem Angriff durch die PKK ermordet wurden, setzte die Türkei die halbe türkische Armee in Marsch um in Kurdistan und den nördlichen Gebieten des Iraks, jagt auf PKK Terroristen zu machen. Wir hörten außerdem das dort mittlerweile auch auf Frauen und Kinder geschossen wird, damit war der bequeme Weg über den Süden gestrichen.

Während wir also den Weg Richtung Norden nach Van einschlugen, bebte dort die Erde. Die Straßen waren zwar passierbar, aber die LKW´s voller Hilfsgüter und Busse voller Menschen die dort weg oder hin wollten, verursachten einen solchen Stau, dass wir den nördlich Weg um den Vansee nahmen. Dieser würde zwar direkt über Ercis führen, dem eigentlichen Epizentrum des Erdbebens, aber das könnten wir besser umfahren. Während wir in Van direkt durch die Stadt gemusst hätten. Als wären das nicht schon genügend widrige Umstände, gab es zu alle dem noch einen Wetterumschwung mit Gewitter, Schnee und Temperaturen um den Gefrierpunkt.

Der Vansee ist auf 1700m Höhe und 7 mal so groß wie der Bodensee, man kann also nicht einfach mal so drum herum fahren. Die Nordseite des Vansees ist wenig bewohnt, aber kurz bevor es dunkel wurde fanden wir ein nettes Lokal, direkt am Strand. Total durchnässt und ausgefroren konnten wir dort im Garten unser Zelt aufstellen. Der Wirt sprach fließend Deutsch und so verbrachten wir den Abend vorm Ofen mit Ihm und seinen zwei Söhnen, bei heißem Tee, warmer Suppe und geschmorten Kalbfleisch. Nach einer regnerischen Nacht warteten wir vergebens auf Wetterbesserung. Wir beschlossen Mittags im Regen aufzubrechen um bis nach Dogubeyazit zu kommen, in der Hoffnung auf besseres Wetter im Osten. Es sollte bis dahin unsere härteste Tour werden.

Es goss aus Eimern und der kalte Wind schnitt einem ins Gesicht. Unsere Handschuhe waren nach wenigen Kilometern so durchnässt, dass wir an einer Tankstelle halten mussten. Dort fragten wir in einer Cafeteria nach Plastiktüten, die wir uns um die Hände binden konnten. Im Lokal saßen ein paar einheimische mit Kalaschnikows, die sich köstlich darüber Amüsierten das wir beiden „Almanyas“ bei solch einem Wetter Motorrad fahren mussten.

Dreißig Kilometer weiter passierten wir dann Ercis, wo völliges Chaos herrschte. Alle Bewohner der Stadt wahren in Zeltlager umgezogen, vor Angst das es weitere Nachbeben geben könnte oder weil ihre Häuser so beschädigt waren, dass es zu Gefährlich wäre dort weiterhin zu wohnen. An den Straßenrändern standen Gebäude die wie Kartenhäuser in sich zusammengefallen waren, Moscheen mit umgestürzten Minaretten und Straßen die notdürftig mit Sand geflickt waren. Neben der Asphaltstraße begann ein Meer aus Schlamm und Matsch in denen die Zelte mit dem roten Halbmond zu hunderten standen. Drum herum Lagerfeuer und Öfen an denen sich die Menschen wärmten. Aus Respekt vor den Betroffenen machten wir dort keinen halt um Bilder zu machen und durchfuhren Ercis so schnell wir konnten.

Das Wetter blieb natürlich schlecht und es regnete bei 3°. Wir wahren in einer Zwickmühle, entweder die lange Strecke im Regen zurück und warten bis es besser wird oder weiter über die Berge nach Norden. Hier konnten wir auf keinen Fall bleiben.

Der Regen wich dem Schnee der uns bei 2000 Metern zu langsamerer fahrt zwang. Jetzt gab es kein zurück mehr und wir mussten hoffen das der Pass auf 2700 Metern frei war und nicht völlig verschneit. Der Weg durch die verschneite karge Bergregion war vollkommen bizarr, dort lagen LKW´s, die die Leitplanken durchbrochen hatten, Kopfüber im Schnee. Es wurde Feuer auf der Straße gemacht statt Warndreiecke aufzustellen. Es gab viele Hirten, die mit ihren riesigen Schafherden durch den Schnee stapften und freundlich grüßten, wenn wir vorbeifuhren. Aber andere Schäfer warfen mit ihren Stöcken nach uns und selbst Kinder an den Straßenrändern warfen mit Steinen. Allgemein fühlten wir uns hier nicht so Willkommen. Das so etwas passiert hatten wir bereits gehört, aber es eigentlich für ein Märchen gehalten.
Der Pass war zum Glück geräumt. Jedoch war es so kalt, dass unsere Visiere zufroren und die Knöpfe an den Armaturen vereist waren. Wir machten Aufwärmübungen für Finger und Zehen damit sie nicht blau wurden. Es langte nicht einmal für ein Foto auf dem Gipfel. Irgendwann erschien ein Schild mit der Aufschrift Dogubeyazit 30km. Das machte uns die letzten Kilometer leichter. Trotz alledem, allein der Anblick unserer angefrorenen Regenkombis, der Plastiktütenhandschuhe und unserer roten Nasen, war immer wieder ein Lacher wert. Auf der Talfahrt wich der Schnee wieder dem Regen und wir erreichten bei Einbruch der Dunkelheit Dogubeyazit.

Dogubeyazit ist eine schmucklose und dreckige Stadt am Fuße des Arrarat. Wir haben hier in ein Zimmer mit Heizung und warmer Dusche und werden uns für die morgige Einreise in den Iran vorbereiten. Wir müssen Bargeld mitnehmen, da es im Iran keine Geldautomaten gibt, Außerdem müssen wir für Esther noch ein Kopftuch besorgen und unsere Ersatzreifen abholen, die wir uns hierher schicken ließen.

zelten am Vansee





2 Kommentare:

  1. Hi, zufällig auf eure schöne Seite gestoßen und verfolge seit dem mit Spannung eure Reise. Wünsche euch viel Glück und vor allem viele traumhafte Augenblicke :-). Momentan allerdings dass die "Sonne" bald wieder lacht. L. G. Petra

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  2. Was ihr nicht alles mitmacht... :-O

    Ich verfolge eure Reise und bin im Herzen bei Euch- Good luck - Ray

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